Predigt in der Neuen Kirche zu Emden
Foto: Lothar Eberhadt |
Gott gebe uns viele Gnade und Frieden durch die Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn. (2 Petr 1,2) Amen
Jh 14,27 – (Lutherbibel 2017)
Jesus sagt: Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.
Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich
nicht.
liebe geschwister Jesu,
wir, als geschwister Jesu,
bergen einen – allzuoft – unentdeckten schatz
manchmal – leider oft in notzeiten – tritt er hervor,
tröstet und ermutigt
ansonsten wird dieser schatz als ein gut
unter ferner-liefen betrachtet
es geht um nicht mehr und nicht weniger
als den frieden:
denn die junge christengemeinschaft
hatte nach dem tod Jesu zweifaches entdeckt:
(1)
- keiner hatte in zweifel gezogen, dass Jesus wirklich gestorben war, hingerichtet von der römischen obrigkeit am kreuz
dennoch machten sie die erfahrung: er ist lebendig zwischen ihnen
was sie von ihm gelernt und erlebt hatten, die botschaft der nähe gottes in der liebe
das war so frisch und lebendig, dass sie entdeckten:
sie selbst sind sein leib – sie bilden ihn als sein leib:
wer auch immer für die botschaft Jesu eintritt: da ist auferstehung, der sieg der liebe Jesu über den tod
da wird in der gemeinde Jesu gefeiert:
die überwindung des bösen durch das gute
- eine entdeckung, die die christenheit bis heute ermöglicht und die wir
in jedem gottesdienst neu feiern, sonst wäre kein christlicher gottesdienst möglich
(2)
die andere entdeckung wird in einem der späteren briefe auf den punkt gebracht. dort heißt es:
„Christus Jesus ist unser Friede“ (Eph 2,14)
sie haben entdeckt, was es mit dem frieden auf sich hat:
der friede ist ein mensch! der friede hat ein gesicht, ein antlitz! der friede ist personal!
Jesus von nazareth ist die antwort auf die frage „wo finde ich frieden;
lautet die frage „Was ist Friede?“, bleibt die antwort stumm; wird gefragt „wer ist friede?“: erklingt: Jesus ist der friede
*
was genau hat die junge gemeinde damals entdeckt?
Jesus verkündete die nähe von gottes reich, von gottes neuer welt
die gute welt gottes erschien in der nähe Jesu auf einmal nicht mehr fern
wonach sich menschen sehnen, ihr hunger nach leben, sogar das ende des hungers selbst
das war durch ihn auf einmal möglich:
- indem menschen erweicht wurden zu teilen,
- ihre augen, die blind füreinander waren,
- geöffnet wurden, die hände, die in die eigenen taschen arbeiteten, sie öffneten sich für das wohl des menschen zunächst von mir:
Jesus lebte es, gab beispiele, begründete sie und menschen tat es ihm nach und konnten erleben:
das ist ja unglaublich: was für eine befreiung!
kranke wurden nicht mehr gemieden, weil das leid nicht mehr als gottesferne galt, sondern sie verstanden: im leid ist gott ganz nah, wie könnten wir sonst leiden, hätten wir keine liebe!
kinder wurden aufgenommen, die als ausgesetzte das straßenbild beherrschten, denn erwachsene begriffen: gottes neue welt fängt jetzt an, wenn bedürftige schutz und trost erhalten
selbst die feinde, die römischen besatzer, mussten erstaunt feststellen: hier hat einer nichts gegen sie als menschen,
seine feindesliebe durchdringt panzer und orden und bringt menschen miteinander zur gemeinschaft, die sich zuvor spinnefeind waren und immer neue gründe für ihren hass aufeinander entdeckten
jetzt entdeckten sie: der hass hatte keinen grund außer den, den hass am leben zu erhalten, dem tod zu dienen
das leben aber nährt leben, liebe nährt liebe, feindesliebe überwindet feindschaft
friede ist kein fremdwort mehr
Jesus hat es aufgezeigt: sie begriffen: durch ihn wird es menschenmöglich
zugleich begriffen sie: nicht als menschliche macht -,
sondern bei Jesus ist gottes gegenwart: die nähe von gottes reich
wo Jesus unter den menschen lebendig ist,
da ist er selbst, da ist auch der friede
der friede, liebe geschwister Jesu, der friede hat seitdem
einen ort: in der gemeinde des juden Jesus
*
Lothar Eberhardt aus berlin und Serge Levillayer vom mont saint michel, frankreich, Horst-Peter Rauguth, in Saarbrücken, und ich,
Serge Levillayer in Emden, Foto: Lothar Eberhardt |
wir fasten bis zum abzug der atomwaffen der vereinigten staaten von amerika aus deutschland, büchel, in diesem Jahr von heute abend an – so gott will und wir leben – bis zum 9. August, dem nagasaki-gedenktag
es ist das 12. mal, dass dieses öffentliche fasten stattfindet
warum ein fasten?
von Simone Weil stammt folgendes:
„Nur das
Gleichgewicht vernichtet die Gewalt. Weiß man, wodurch das Gleichgewicht der
Gesellschaft gestört ist, so muss man sein Möglichstes tun, um der zu leichten
Schale ein Gewicht hinzufügen.“
(Schwerkraft und Gnade, München 1981, S. 224)
atomwaffen sind das äußerste an gewalt
sie leben von einem gewaltglauben der sich für allmächtig hält
dieser allmacht entspricht die ohnmacht, die die atomwaffen erzeugen, nichts soll die atomwaffen aufhalten können, ihre existenz allein, soll schrecken erzeugen, sonst könnten sie nicht abschrecken
sowohl der allmachtswahn – als auch die dadurch produzierte ohnmacht, beides ist menschenunwürdig
es verletzt zutiefst die begrenztheit des menschen, die ihren grund in der schönheit seiner bedürftigkeit hat: kein mensch soll ohne einen anderen menschen auskommen müssen
und es verletzt die gaben des menschlichen, die uns gegeben sind, das zusammenleben zu meistern
allmachtsvorstellungen sind gotteslästerlich, sind hybris,
ohnmachtsproduktion ist menschenschänderisch, ein verbrechen an der menschheit
diese ohnmacht, die die atomwaffen bewirken,
bringen wir mit dem fasten auf die straße, setzen sie der öffentlichkeit aus
indem wir auf nahrung verzichten und auf das, was massen anzieht, geben wir zugleich ein zeichen für die millionen von menschen die immer noch, jeden tag, nicht auf ihre kosten kommen – meistens von uns nicht gesehen –
weil tag für tag millionen für rüstung und atombomben und ihre unterstützungssysteme ausgegeben werden
das geschäft des todes wird für lukrativer gehalten
als der erhalt des lebens
mit dieser öffentlich gemachten ohnmacht
wollen wir auf die gewissen einwirken:
die gewissen der bürger: mehr dafür zu tun, dass die atomwaffen abgeschafft werden, denn es liegt an der bundesregierung, die sich weigert, diesen schritt zu tun, obwohl die mehrheit der bevölkerung es befürwortet
und auf die gewissen der soldaten, ihrem gewissen zu folgen und ihren vorgesetzten zu erklären, dass sie mit atombomben nichts zu tun haben wollen
mit diesem fasten folgen wir Jesus, der den jüngern, als sie bei einer nicht ganz alltäglichen herausforderung ziemlich ratlos waren und ihre ohnmacht erlebten und Jesus fragten, was sie denn hätten tun sollen,
antwortete: hier hilft nur beten und fasten (Mk 9,29; Mt 17,20 jüngere Überlieferung).
wir verstehen dies öffentliche fasten
als ein zeichen des friedens – für eine welt ohne den schrecken der atomwaffen, für ein atomwaffenfreies deutschland und europa
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahrt eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen. (Phil 4,7)
*
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