Donnerstag, 27. August 2015

Weisungen für eine Welt ohne Gewalt - oder um sich von der Herrschaft der Gewalt zu befreien

Die Atomkette schlägt die ganze Welt in Fesseln.
Vom Uranabbau über Forschung und Entwicklung, Atomkraftwerke und Anreicherungsanlagen, Atombombenabwürfe, Atomwaffentests, uranhaltige Munition bis hin zum Atommüll - die ganze Welt, Mensch wie Tier und Pflanzenwelt und die unbelebte Natur - alles wird in Mitleidenschaft gezogen. Eine Minderheit unterdrückt die gesamte Menschheit mitsamt der Mitwelt. Dies nenne ich eine Herrschaft der Gewalt. Die offiziellen und inoffiziellen Staaten im Besitz von Atomwaffen - die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland, China, England, Frankreich, Indien, Pakistan, Nord-Korea und Israel wirken wesentlich daran mit, dass Atombomben - auch 70 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki - immer noch gegenwärtig sind und alles Leben auf der Welt bedrohen. Die Beispiele, wie Staaten auf den Besitz von Atomwaffen verzichteten und die Fähigkeit, sie zu bauen, willentlich verlernten - wie die Ukraine und Süd-Afrika - sind verblasst. Im Gegenteil, der Staatsführung der Ukraine wird Naivität vorgeworfen. Und die NATO - und mit ihr die Bundeswehr und das Luftwaffengeschwader 33 in Büchel - übt jährlich den Einsatz von Atomwaffen in der Übung "Steadfast noon". So auch bald wieder, voraussichtlich vom 20.-24. Oktober 2015.

Menschliches Zusammenleben ist gestaltbar. Es kann sich entwickeln hin zu mehr Gewalt und Ungerechtigkeit. Es kann sich aber auch entwickeln hin zu mehr Menschlichkeit und Solidarität.

Ausgehend von Weisungen aus dem Alten Testemant - die sogenannten Zehn Gebote ist nur die bekannteste Reihung solcher Weisungen für ein gelingendes Leben - fragten wir uns in den täglichen Andachten und Gedenkfeiern, welche Weisungen können uns heute dabei helfen, diese Herrschaft der Gewalt zu überwinden oder wenigstens ihre Unterstützung zu unterlassen. Dabei wurden im Laufe der Tage von verschiedenen Mitwirkdenden folgende Weisungen vorgeschlagen. Sie werden hiermit zur weiteren Diskussion gestellt.

WENN DU DAS LEBEN LIEBST DANN

ÜBE NIEMALS GEWALT

STEHE ZUR EIGENEN OHNMACHT

ÜBERWINDE DAS FREUND-FEIND-DENKEN! WIR SIND ALLE MENSCHEN

WERDET VERSTEHER UND VERSTEHERINNEN

ÜBERZEUGE MIT DEINEN TATEN, NICHT NUR MIT DEINEN WORTEN

ERKENNE IN JEDEM MENSCHEN DIE HANDARBEIT GOTTES

NEHME KEINE GEISEL

TUE NICHTS, WAS DIE NACHFOLGENDE GENERATION BELASTET UND TUE NUR DAS, WAS AUCH FÜR DIE NACHFOLGENDE GENERATION GUT IST

DENN ICH BIN DER HERR, DEIN GOTT, SPRICHT GOTT, DER HERR: GLAUBE NICHT AN DIE ERLÖSENDE KRAFT DER GEWALT.
LITTLE BOY

am sechsten august
    um acht uhr fünfzehn und
        wenige bruchteile von sekunden später
            verdampfte ich
                wurde ich aufgelöst
                    in hitze
                        verbrannte alles von mir im nu

die energie
    die auf der sonne zu hause ist
        wurde an mir ausprobiert
            und an meinem wellensittich
                meiner mutter
                    mit meinem geschwisterchen in ihrem bauch

zum kaum sichtbaren schemen vorm haus wurde ich
    kurz zuvor
        hatte ich ein einzelnes flugzeug gesehen
            und dann einen blitz
                wie ich ihn nie mehr sehen werde
                    und keinem wünsche ihn jemals zu sehen
                        denn danach
                            verdampfte ich

aufgelöst alles was ich bin und war
    zu weniger als gas
        und mit mir alle meine freunde und nachbarn
            mich gibt’s nicht mehr
                noch nicht mal eine erinnerung von mir gibt es
                    denn alle, die mich hier kannten
                        sind mit mir nicht mehr
                            wir sind alle verdampft

dabei wurden wir von denen beneidet
    die überlebten
        deren leib sich langsamer auflöste als bei mir
            zerstört von einer kraft
                entfesselt von einem menschen
                    ausgeführt von einem soldaten
                        befohlen von vielleicht auch einem vater
                            erdacht geplant und in die tat 
umgesetzt von solchen
    die ich nicht kenne
        und nicht kennenlernen werde
            denn ich bin
                verdampft worden

Dieses Gedicht wurde während der Fastenaktion an Werktagen morgens am Verteilerkreis vor dem Haupttor zum Atomwaffenlager in Büchel verteilt.
 
Copyright by Matthias-W. Engelke, zum Nachruck freigegeben. Belegexemplare bitte an matthias.engelke@ekir.de

Mittwoch, 26. August 2015

6. Öffentliche Fastenaktion für eine atomwaffenfreie Welt vor dem Haupttor des Atomwaffenlagers Büchel - Ein Rückblick


Vom 30. Juli an bis zum Nagasaki-Gedenktag am 9.8. fastete ich zusammen mit einer Gruppe von Mitfastenden und Unterstützenden vor dem Haupttor zum Atomwaffenlager Büchel. Zu Beginn der ersten öffentlichen Fastenaktion kündigte ich an – so Gott will und ich lebe – jedes Jahr einen Tag länger zu fasten bis die Atomwaffen der Vereinigten Staaten von Amerika aus Deutschland abgezogen sind.

Dabei möchte ich auf die Soldaten am Standort einwirken und sie ermutigen sich dazu zu bekennen – was viele offenbar schon lange bewegt – dass sie Atomwaffen im Kriegsfall nie einsetzen würden. Und ich möchte auf die deutsche Öffentlichkeit einwirken, mehr, vielmehr dafür zu tun, dass die Atomwaffen verschwinden, aus ganz Europa, aus der ganzen Welt – und zwar auf friedliche Weise durch Abrüstung, rechtzeitig.

In diesem Jahr waren wir die ganze Zeit in Büchel. Der Alltag war strukturiert durch die Andachten, die zugleich Gedenkfeiern für Opfer des Atombombenabwurfs auf Hiroshima waren. Von den vielen Vorhaben – dass wir in die Dörfer und benachbarten Städte fahren für verschiedene Aktionen – wurde nur eins verwirklicht, ein Nachmittag in Mayen. Die Hitze setzte allen zu. Trotzdem kam es zu aufschlussreichen Gesprächen in der Fußgängerzone.

Zur gleichen Zeit fastete Wolfgang Schlupp-Hauck in Japan bei seinem Besuch bei den Bürgermeistern von Hiroshima und Nagasaki. Durchs Internet und den Fastenblog waren wir fast täglich miteinander verbunden. Das tat gut.

Wir hatten – wie immer bei diesen Fastenaktionen – viel Zeit, es muss ja fürs Essen nichts getan werden. So kam es zu vielen interessanten Gesprächen. Die Fäden die hier gezogen und die Knoten, die hier geknüpft werden, sind für die Friedensarbeit wohl kaum zu unterschätzen. So kam es auch zu einem regen Austausch von Gedanken und Ideen mit Vertretern und Vertreterinnen der Hunsrücker Friedensinitiative. An deren Erfahrungen vom Friedensacker aus der Zeit der Friedensbewegung in den 80iger Jahre möchten wir in Büchel anknüpfen.
In diesem Jahr wurde uns zum ersten Mal untersagt vor dem Haupttor ein Versammlungszelt aufzubauen. Das Wetter war rücksichtsvoll mit uns. Die Auflage, einen 50-Meter-Abstand zum Zaun des Bundeswehrgeländes einzuhalten, erwies sich als zwiespältig. Die Bundeswehrverwaltung hat nachweislich einen anderen Maßstab benutzt als den, der sich ergibt, wenn die 50 Meter abgemessen werden. Hier ist noch Klärungsbedarf.

Bei den Andachten in Büchel wurden alle Zufahrten mit hohen Bauzäunen verriegelt. Als Antwort darauf stellte ich ein kleines Gedicht dazu ins Netz. Vom nächsten Tag an war immer eine Zufahrt frei. Soldaten, die die Zufahrt während der Gedenkfeiern bewachten, hörten aufmerksam zu. Ganz zum Schluss, am letzten Tag, zeigte ein Soldat aus einem Bundeswehrbus heraus das Zeichen derer, die diese Aktion unterstützen, wenn sie in ihren Autos im Kreisverkehr an uns vorbei fuhren, das „Victory“-Zeichen: „Wir werden es schaffen!“ Auch wenn das noch nicht der Beginn der Flut ist, es kann das Ende der Ebbe anzeigen. Schließlich sind die Soldaten an diesem Atomwaffenstützpunkt unsere zukünftigen Verbündeten.

Der Höhepunkt war der Abschluss: Zwei Fahrradgruppen der DFG-VK – die eine aus Bayern, die andere aus NRW, kamen am 9.8. morgens zum Haupttor. Wir feierten eine kleine Gedenkfeier/Andacht und begingen zusammen mit allen anderen das Fastenbrechen. Vor Ort waren wir fünf Dauerfastende. Zeitweise mitgefastet und/oder als Unterstützende dabei waren wir insgesamt etwas mehr als 20 Personen, darunter auch Besuch aus Bayern. Je länger das Fasten andauerte, umso einfacher wurde es. Und als ich beim Fastenbrechen ein kleines Apfelstück vor mir liegen sah, hatte ich davor großen Respekt.

Mittwoch, 19. August 2015

Blick zürück: Gedanken zur Japanreise




Wenn ich nun mit ein paar Tagen Abstand meine Japanreise Revue passieren lasse so stelle ich fest, dass ich mich stark gefordert habe. Ich führte eine Reihe von offiziellen Gesprächen, hielt Vorträge auf zwei Konferenzen und beteiligte mich an Aktionen: der internationalen Fastenkampagne, sowie einer Demonstrationen vor dem japanischen Parlament und einer vor einer US-Radar-Station.
Was hat mich am meisten bewegt?
Ich kenne die Geschichten von Hibakusha, aber im Friedensmuseum in Hiroshima vor den Kranichen zu stehen, die Sadoko selbst gefaltet hat, bevor sie mit 12 Jahren starb oder in Nagasaki den Chor der heute 70-80-jährigen Hibakusha zu hören, das ging mir tief ins Herz und bestätigte mich in meinem Engagement für eine atomwaffenfreie Welt. Die Bäume zu sehen, die den Atombombenabwurf überlebt haben, die als Hoffnungszeichen gepflegt werden und das Anschlagen der Friedensglocken in den beiden Städten waren für mich tief berührende Momente.
Welche Einsichten und Informationen habe ich für mein Engagement gewonnen?
Frappierend war für mich die Parallelen zwischen den Entwicklungen in Japan und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu erkennen.
In beiden Ländern wurden nach dem Krieg Verfassungen verabschiedet, die das Führen von Angriffskriegen (in Deutschland: Artikel 20 GG) bzw. das Führen von Kriegen (in Japan: Artikel 9) verbieten. Doch in beiden Staaten werden diese Artikel immer weiter ausgehöhlt. Mit einem neuen Sicherheitsgesetz will der japanische Ministerpräsident Abe den Einsatz der „Selbstverteidigungskräfte“, wie die japanische Armee genannt wird, auch außerhalb Japans ermöglichen. Dagegen wehren sich die japanischen Friedensgruppen. Auch die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki haben ihrem Ministerpräsidenten in ihren Ansprachen ins Gewissen geredet.
Gedenken allein reicht nicht, ist in Deutschland unser Spruch zu den 70. Jahrestagen von Hiroshima und Nagasaki. Wir richten dabei den Blick vor allem auf die immer noch in Büchel gelagerten US-Atombomben und den Plänen sie zu modernisieren. In Japan wurde zu den Jahrestagen gegen die neuen Sicherheitsgesetze und gegen das Anschalten der Atomreaktoren nach Fukushima demonstriert.
An welchen Demonstrationen habe ich mich beteiligt?
In Tokyo vor dem Parlament habe ich mich an einer Mahnwache für den Erhalt des Artikels 9 beteiligt, die von buddhistischen Mönchen und Mitgliedern der Friedensbewegung abgehalten wurde. In dem kleinen Dorf Ukawa habe ich den den örtlichen Widerstand gegen eine kürzlich für die US-Raketenabwehr eingerichtete Radarstation unterstützt. Mit anderen internationalen Gästen des „Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space“ zogen die Station und übergaben Protestschreiben. Wir machten darauf aufmerksam, dass die Raketenabwehr den Rüstungswettlauf antreibt und auch einen offensiven Charakter besitzt.
Meine Beteiligung an den Fastenaktionen machte ich bei den Konferenzen bekannt und erntete dafür zustimmenden Applaus. Das Fasten brach ich in einem Mittagessen mit dem Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford-Strohm.
Mit dem Bundestagsabgeordneten der Linken Jan van Aaken, der ebenfalls an der Gedenkfeier in Hiroshima teilnahm, machte ich im Anschluss mit einem Transparent auf die in Deutschland lagernden Atomwaffen aufmerksam, die der 550-fachen Sprengkraft der Bombe von Hiroshima entsprechen.


Was wurde ich über Deutschland gefragt?
Deutschland ist für viele Japaner ein Vorbild. Vor allem mit Blick auf den Ausstieg aus der Atomenergie und mit dem Recht das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Zu diesen beiden Komplexen musste ich viele und detaillierte Fragen beantworten.



Welche Ideen und Anregungen habe ich aus Japan mitgebracht?
Nach der Gedenkfeier wurde bei einem Friedenspfahl, wie wir ihn vor der Pressehütte und im ehemaligen Gartenschaugelände haben, eine Flaggenzeremonie durchgeführt. Die hat mich sehr beeindruckt. Für jede Nation wurde der Welt wurde die Bitte ausgesprochen: „Möge Frieden sein in ..“ und der jeweilige Ländername eingefügt. Ein Ritual, das wir hier auch übernehmen könnten.
Die Idee einer Kunstausstellung der Stuttgarter Künstlerin Klaudia Dietewich „50 Städte – 50 Spuren“, die als Wanderausstellung die Kampagne der Mayors for Peace „Städte sind keine Zielscheiben“, unterstützen soll, hat Interesse in Hiroshima und Nagasaki gefunden. Auch ich finde es interessant Kunst und politische Bildungsarbeit zu verbinden. Ich werde also an deren Umsetzung werde mitarbeiten.
Ich habe für nächstes Jahr wieder Gingko-Samen von den Überlebensbäumen bestellt. Ich werde die Setzlinge weiter unter den Mayors for Peace verteilen, dass solche Erinnerungs- und Hoffnungszeichen an vielen Orten gepflanzt werden.
Alles in allem haben mich die Begegnungen und Erlebnisse in meinem Engagement bestärkt.

Dienstag, 11. August 2015

Gedanken auf dem Heimweg




Zweieinhalb Wochen war ich in Japan. Acht Tage davon habe ich gefastet. In Hiroshima und Nagasaki war ich an den Erinnerungsfeiern dabei. Ich habe ein drei Konferenzen teilgenommen, fünf offizielle Gesprächstermine wahrgenommen und zahlreiche persönliche Begegnungen gehabt. Übernachtet habe ich bei vier Familien, in einer Jugendherberge und zwei Hotels. Eine volle und erlebnisreiche Zeit.


1. Wie ging es mir mit dem Fasten?


Vor drei Jahren habe ich begonnen mich an Fastenaktionen zu beteiligen. Bei der ersten war ich in Paris. Dort fastet eine Gruppe von zwischen 50 und 100 Leuten. Man übernachtet in einer Sporthalle und macht am Vormittag gemeinsam eine Mahnwache. An den Nachmittagen geht ein Teil der Gruppen einen Ort, z.B. das Verteidigungsministerium um dort eine direkte Aktion zu machen. Letztes Jahr begann ich mit Matthias Konstanz zu fasten und beendete mein Fasten allein zu Hause in Schwäbisch Gmünd. Dieses Jahr war ich allein und dazu unterwegs in Japan.
Ich hatte befürchtet, dass die Hitze und das Schwüle mir mehr beim Fasten zusetzen und ich auf meinen Kreislauf mehr achten muss, das war überraschenderweise nicht der Fall.
Mir fällt es schwer zu sagen, ich faste. In Frankreich sollte man sich eine Plakette anheften „Je jeune“ – „Ich faste“. Ich habe sie nicht getragen. In Konstanz hatten wir ein Transparent. Dabei zu sitzen oder auch im Zelt beim Münster zu schlafen hat mir nichts ausgemacht. Dieses Jahr fiel es mir ziemlich leicht auf das Essen zu verzichten, obwohl ich die japanische Küche, soweit sie mir als Vegetarier zugänglich ist, sehr schmackhaft fand. Nur einzelne Zubereitungen lies ich stehen. Vom Fasten erfahren haben meistens nur die Gastgeber, die mich nicht zu einem Essen einladen konnten. Einmal wurde ich in einem Workshop aufgefordert es zu sagen. Ich bekam von der Gruppe dafür Applaus.
Eine meditative Gestaltung habe ich nicht hinbekommen. Jedoch vor allem die Abendspaziergänge nach den Terminen am 6. August in Hiroshima und am 10. August in Nagasaki – (eigentlich schon ein Tag nach dem Fastenbrechen)-, hatten für mich meditativen Charakter. In der Gruppe würde mir es einfacher fallen, einen Rhythmus für innere Einkehr zu finden.
Beim Fastenbrechen war es schwierig frisches Obst zu bekommen. In einem Laden entdeckte ich einzeln eingepackte Bananen. So begann ich das zu essen, was angeboten wurde.
Für eine Skype-Konferenz mit den französischen Fastenden hatte ich mir extra einen Wecker auf 3:00 Uhr nachts gestellt. Es war schön den vollen Raum zu sehen und zu wissen, du bist nicht allein.
Auf die Ankündigung des Fastens haben die deutschen Medien nicht reagiert, die japanischen habe ich nicht informiert. Das wäre sinnvoll gewesen meinte im Nachhinein ein Konferenzteilnehmer. Da merke ich, dass ich mich mit dieser Aktionsform nicht aufspielen will, sondern sie für mich ein starker Teil einer inneren Übung ist.



2. Wie habe ich das Land und die Leute erlebt?



Ich war froh, dass ich nicht nur auf politischen Treffen war, sondern auch etwas Einblick in die japanische Gesellschaft bekommen habe. 
Ich habe zunächst nicht verstanden, warum es so schwierig ist für vier Tage einen Homestay zu bekommen. Aber wie ich es jetzt erlebt habe, übernehmen die Japaner mit einem Gast auch große Verantwortung. Der Gast muss begleitet und unterstützt werden. Auch wenn ich es zwischen zeitlich gelernt hatte, alleine mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, bekam ich Begleitung, auch wenn ich schon morgens um 6:00 Uhr aus dem Haus muss. Die Menschen wohnen nach meinen Vorstellungen sehr beengt. Ich habe zweimal ein Zimmer bekommen in dem gerade niemand aus der Familie schläft, einmal im Wohnzimmer geschlafen und einmal war ich im gleichen Wohnblock untergebracht, in einem Schulraum, in dem die Gastgeberin für Kinder Englisch Unterricht gibt.
Bei den Tagungen wurde ich jeweils begrüßt und zu meinem Platz geführt. Immer verbunden mit den Höflichkeitsverbeugungen. Vom Mayors for Peace Büro zum Büro von Green Legacy wurde für mich ein Taxi bestellt und ich wurde zusätzlich begleitet. Zum Termin am Rathaus in Hiroshima wurde ich ins Mayors for Peace Büro gebeten und von dort begleitet, dass ich nicht alleine an einen unbekannten Ort muss. So war ich froh zwischenzeitlich in einem Hotel zu schlafen und selbständig unterwegs zu sein, auch wenn das eine Herausforderung ist, da fast kein Englisch gesprochen wird und nur selten etwas in Englisch angeschrieben steht.
Als ich aus dem Flugzeug stieg fühlte ich mich als ob ich ein Tropenhaus betrete, eine schwüle heiße Wand. Dieser Wechsel war ständig da. Dort wo es keine Klimaanlage gab, kühlte ein Ventilator. Ich lernte mir ein feuchtes Tuch in den Nacken zu legen. So kam ich mit der Hitze zurecht. Den Regenschirm hatte ich zu Hause gelassen, als Sonnenschirm hätte er mir seine Dienste tun können.
Ansonsten fiel mir die Sauberkeit auf. Nirgendwo liegt Dreck herum, Abfall nimmt man mit bis es eine Sortierstelle für die verschiedenen Abfallarten gibt. Immer stehen mehrere Behältnisse neben einander.
Die Bus- und Taxifahrer, Polizisten und Museumswärter tragen Uniformen und diese in der Regel mit weißen Handschuhe. Ständig wird geredet, sich verbeugt und der Weg gewiesen. Selbst die Automaten und Rolltreppen sprechen mit einem und bitten Aufmerksamkeit für Sicherheitshinweise.
Beindruckt hat mich, dass ganz Japan tagsüber voll ist vom Zirpen der Zikaden, die gegen Abend verstummen. Dann singen, wo Bäume sind, die Vögel.
Um die Jahrestage der Atombombenabwürfe war das Fernsehen voll mit Interviews mit Hibkushas, Bildern und einem Spielfilm über den Atombombenabwurf. Mir wurde dies fast zu viel. Aber durch den Spielfilm bekam ich ein anderes Verhältnis zu den historischen Straßenbahnen die durch Hiroshima und Nagasaki rattern. Die Hauptrolle spielte eine junge Straßenbahnschaffnerin. Wenn ich danach durch die pulsierende Stadt fuhr, erinnere ich mich daran, dass keines der Gebäude älter als 70 Jahre ist.