Mittwoch, 19. August 2015

Blick zürück: Gedanken zur Japanreise




Wenn ich nun mit ein paar Tagen Abstand meine Japanreise Revue passieren lasse so stelle ich fest, dass ich mich stark gefordert habe. Ich führte eine Reihe von offiziellen Gesprächen, hielt Vorträge auf zwei Konferenzen und beteiligte mich an Aktionen: der internationalen Fastenkampagne, sowie einer Demonstrationen vor dem japanischen Parlament und einer vor einer US-Radar-Station.
Was hat mich am meisten bewegt?
Ich kenne die Geschichten von Hibakusha, aber im Friedensmuseum in Hiroshima vor den Kranichen zu stehen, die Sadoko selbst gefaltet hat, bevor sie mit 12 Jahren starb oder in Nagasaki den Chor der heute 70-80-jährigen Hibakusha zu hören, das ging mir tief ins Herz und bestätigte mich in meinem Engagement für eine atomwaffenfreie Welt. Die Bäume zu sehen, die den Atombombenabwurf überlebt haben, die als Hoffnungszeichen gepflegt werden und das Anschlagen der Friedensglocken in den beiden Städten waren für mich tief berührende Momente.
Welche Einsichten und Informationen habe ich für mein Engagement gewonnen?
Frappierend war für mich die Parallelen zwischen den Entwicklungen in Japan und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu erkennen.
In beiden Ländern wurden nach dem Krieg Verfassungen verabschiedet, die das Führen von Angriffskriegen (in Deutschland: Artikel 20 GG) bzw. das Führen von Kriegen (in Japan: Artikel 9) verbieten. Doch in beiden Staaten werden diese Artikel immer weiter ausgehöhlt. Mit einem neuen Sicherheitsgesetz will der japanische Ministerpräsident Abe den Einsatz der „Selbstverteidigungskräfte“, wie die japanische Armee genannt wird, auch außerhalb Japans ermöglichen. Dagegen wehren sich die japanischen Friedensgruppen. Auch die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki haben ihrem Ministerpräsidenten in ihren Ansprachen ins Gewissen geredet.
Gedenken allein reicht nicht, ist in Deutschland unser Spruch zu den 70. Jahrestagen von Hiroshima und Nagasaki. Wir richten dabei den Blick vor allem auf die immer noch in Büchel gelagerten US-Atombomben und den Plänen sie zu modernisieren. In Japan wurde zu den Jahrestagen gegen die neuen Sicherheitsgesetze und gegen das Anschalten der Atomreaktoren nach Fukushima demonstriert.
An welchen Demonstrationen habe ich mich beteiligt?
In Tokyo vor dem Parlament habe ich mich an einer Mahnwache für den Erhalt des Artikels 9 beteiligt, die von buddhistischen Mönchen und Mitgliedern der Friedensbewegung abgehalten wurde. In dem kleinen Dorf Ukawa habe ich den den örtlichen Widerstand gegen eine kürzlich für die US-Raketenabwehr eingerichtete Radarstation unterstützt. Mit anderen internationalen Gästen des „Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space“ zogen die Station und übergaben Protestschreiben. Wir machten darauf aufmerksam, dass die Raketenabwehr den Rüstungswettlauf antreibt und auch einen offensiven Charakter besitzt.
Meine Beteiligung an den Fastenaktionen machte ich bei den Konferenzen bekannt und erntete dafür zustimmenden Applaus. Das Fasten brach ich in einem Mittagessen mit dem Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford-Strohm.
Mit dem Bundestagsabgeordneten der Linken Jan van Aaken, der ebenfalls an der Gedenkfeier in Hiroshima teilnahm, machte ich im Anschluss mit einem Transparent auf die in Deutschland lagernden Atomwaffen aufmerksam, die der 550-fachen Sprengkraft der Bombe von Hiroshima entsprechen.


Was wurde ich über Deutschland gefragt?
Deutschland ist für viele Japaner ein Vorbild. Vor allem mit Blick auf den Ausstieg aus der Atomenergie und mit dem Recht das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Zu diesen beiden Komplexen musste ich viele und detaillierte Fragen beantworten.



Welche Ideen und Anregungen habe ich aus Japan mitgebracht?
Nach der Gedenkfeier wurde bei einem Friedenspfahl, wie wir ihn vor der Pressehütte und im ehemaligen Gartenschaugelände haben, eine Flaggenzeremonie durchgeführt. Die hat mich sehr beeindruckt. Für jede Nation wurde der Welt wurde die Bitte ausgesprochen: „Möge Frieden sein in ..“ und der jeweilige Ländername eingefügt. Ein Ritual, das wir hier auch übernehmen könnten.
Die Idee einer Kunstausstellung der Stuttgarter Künstlerin Klaudia Dietewich „50 Städte – 50 Spuren“, die als Wanderausstellung die Kampagne der Mayors for Peace „Städte sind keine Zielscheiben“, unterstützen soll, hat Interesse in Hiroshima und Nagasaki gefunden. Auch ich finde es interessant Kunst und politische Bildungsarbeit zu verbinden. Ich werde also an deren Umsetzung werde mitarbeiten.
Ich habe für nächstes Jahr wieder Gingko-Samen von den Überlebensbäumen bestellt. Ich werde die Setzlinge weiter unter den Mayors for Peace verteilen, dass solche Erinnerungs- und Hoffnungszeichen an vielen Orten gepflanzt werden.
Alles in allem haben mich die Begegnungen und Erlebnisse in meinem Engagement bestärkt.

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