Wenn ich nun mit ein
paar Tagen Abstand meine Japanreise Revue passieren lasse so stelle ich fest,
dass ich mich stark gefordert habe. Ich führte eine Reihe von offiziellen
Gesprächen, hielt Vorträge auf zwei Konferenzen und beteiligte mich an
Aktionen: der internationalen Fastenkampagne, sowie einer Demonstrationen vor
dem japanischen Parlament und einer vor einer US-Radar-Station.
Was hat mich am meisten bewegt?
Ich kenne die Geschichten von Hibakusha, aber im
Friedensmuseum in Hiroshima vor den Kranichen zu stehen, die Sadoko selbst
gefaltet hat, bevor sie mit 12 Jahren starb oder in Nagasaki den Chor der heute
70-80-jährigen Hibakusha zu hören, das ging mir tief ins Herz und bestätigte
mich in meinem Engagement für eine atomwaffenfreie Welt. Die Bäume zu sehen,
die den Atombombenabwurf überlebt haben, die als Hoffnungszeichen gepflegt
werden und das Anschlagen der Friedensglocken in den beiden Städten waren für
mich tief berührende Momente.
Welche Einsichten und Informationen habe ich für mein Engagement
gewonnen?
Frappierend war für mich die Parallelen zwischen den
Entwicklungen in Japan und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu erkennen.
In beiden Ländern wurden nach dem Krieg Verfassungen
verabschiedet, die das Führen von Angriffskriegen (in Deutschland: Artikel 20
GG) bzw. das Führen von Kriegen (in Japan: Artikel 9) verbieten. Doch in beiden
Staaten werden diese Artikel immer weiter ausgehöhlt. Mit einem neuen
Sicherheitsgesetz will der japanische Ministerpräsident Abe den Einsatz der
„Selbstverteidigungskräfte“, wie die japanische Armee genannt wird, auch
außerhalb Japans ermöglichen. Dagegen wehren sich die japanischen
Friedensgruppen. Auch die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki haben ihrem
Ministerpräsidenten in ihren Ansprachen ins Gewissen geredet.
Gedenken allein reicht nicht, ist in Deutschland unser
Spruch zu den 70. Jahrestagen von Hiroshima und Nagasaki. Wir richten dabei den
Blick vor allem auf die immer noch in Büchel gelagerten US-Atombomben und den
Plänen sie zu modernisieren. In Japan wurde zu den Jahrestagen gegen die neuen
Sicherheitsgesetze und gegen das Anschalten der Atomreaktoren nach Fukushima
demonstriert.
An welchen Demonstrationen habe ich mich beteiligt?
In Tokyo vor dem Parlament habe ich mich an einer Mahnwache
für den Erhalt des Artikels 9 beteiligt, die von buddhistischen Mönchen und
Mitgliedern der Friedensbewegung abgehalten wurde. In dem kleinen Dorf Ukawa
habe ich den den örtlichen Widerstand gegen eine kürzlich für die
US-Raketenabwehr eingerichtete Radarstation unterstützt. Mit anderen
internationalen Gästen des „Global Network Against Weapons and Nuclear Power in
Space“ zogen die Station und übergaben Protestschreiben. Wir machten darauf
aufmerksam, dass die Raketenabwehr den Rüstungswettlauf antreibt und auch einen
offensiven Charakter besitzt.
Meine Beteiligung an den Fastenaktionen machte ich bei den
Konferenzen bekannt und erntete dafür zustimmenden Applaus. Das Fasten brach
ich in einem Mittagessen mit dem Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche in
Deutschland Heinrich Bedford-Strohm.
Mit dem Bundestagsabgeordneten der Linken Jan van Aaken, der
ebenfalls an der Gedenkfeier in Hiroshima teilnahm, machte ich im Anschluss mit
einem Transparent auf die in Deutschland lagernden Atomwaffen aufmerksam, die
der 550-fachen Sprengkraft der Bombe von Hiroshima entsprechen.
Was wurde ich über Deutschland gefragt?
Deutschland ist für viele Japaner ein Vorbild. Vor allem mit
Blick auf den Ausstieg aus der Atomenergie und mit dem Recht das
Bundesverfassungsgericht anzurufen. Zu diesen beiden Komplexen musste ich viele
und detaillierte Fragen beantworten.
Welche Ideen und Anregungen habe ich aus Japan mitgebracht?
Nach der Gedenkfeier wurde bei einem Friedenspfahl, wie wir
ihn vor der Pressehütte und im ehemaligen Gartenschaugelände haben, eine Flaggenzeremonie
durchgeführt. Die hat mich sehr beeindruckt. Für jede Nation wurde der Welt
wurde die Bitte ausgesprochen: „Möge Frieden sein in ..“ und der jeweilige
Ländername eingefügt. Ein Ritual, das wir hier auch übernehmen könnten.
Die Idee einer Kunstausstellung der Stuttgarter Künstlerin
Klaudia Dietewich „50 Städte – 50 Spuren“, die als Wanderausstellung die
Kampagne der Mayors for Peace „Städte sind keine Zielscheiben“, unterstützen
soll, hat Interesse in Hiroshima und Nagasaki gefunden. Auch ich finde es
interessant Kunst und politische Bildungsarbeit zu verbinden. Ich werde also an
deren Umsetzung werde mitarbeiten.
Ich habe für nächstes Jahr wieder Gingko-Samen von den
Überlebensbäumen bestellt. Ich werde die Setzlinge weiter unter den Mayors for
Peace verteilen, dass solche Erinnerungs- und Hoffnungszeichen an vielen Orten
gepflanzt werden.
Alles in allem haben mich die Begegnungen und Erlebnisse in
meinem Engagement bestärkt.
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