Dienstag, 11. August 2015

Gedanken auf dem Heimweg




Zweieinhalb Wochen war ich in Japan. Acht Tage davon habe ich gefastet. In Hiroshima und Nagasaki war ich an den Erinnerungsfeiern dabei. Ich habe ein drei Konferenzen teilgenommen, fünf offizielle Gesprächstermine wahrgenommen und zahlreiche persönliche Begegnungen gehabt. Übernachtet habe ich bei vier Familien, in einer Jugendherberge und zwei Hotels. Eine volle und erlebnisreiche Zeit.


1. Wie ging es mir mit dem Fasten?


Vor drei Jahren habe ich begonnen mich an Fastenaktionen zu beteiligen. Bei der ersten war ich in Paris. Dort fastet eine Gruppe von zwischen 50 und 100 Leuten. Man übernachtet in einer Sporthalle und macht am Vormittag gemeinsam eine Mahnwache. An den Nachmittagen geht ein Teil der Gruppen einen Ort, z.B. das Verteidigungsministerium um dort eine direkte Aktion zu machen. Letztes Jahr begann ich mit Matthias Konstanz zu fasten und beendete mein Fasten allein zu Hause in Schwäbisch Gmünd. Dieses Jahr war ich allein und dazu unterwegs in Japan.
Ich hatte befürchtet, dass die Hitze und das Schwüle mir mehr beim Fasten zusetzen und ich auf meinen Kreislauf mehr achten muss, das war überraschenderweise nicht der Fall.
Mir fällt es schwer zu sagen, ich faste. In Frankreich sollte man sich eine Plakette anheften „Je jeune“ – „Ich faste“. Ich habe sie nicht getragen. In Konstanz hatten wir ein Transparent. Dabei zu sitzen oder auch im Zelt beim Münster zu schlafen hat mir nichts ausgemacht. Dieses Jahr fiel es mir ziemlich leicht auf das Essen zu verzichten, obwohl ich die japanische Küche, soweit sie mir als Vegetarier zugänglich ist, sehr schmackhaft fand. Nur einzelne Zubereitungen lies ich stehen. Vom Fasten erfahren haben meistens nur die Gastgeber, die mich nicht zu einem Essen einladen konnten. Einmal wurde ich in einem Workshop aufgefordert es zu sagen. Ich bekam von der Gruppe dafür Applaus.
Eine meditative Gestaltung habe ich nicht hinbekommen. Jedoch vor allem die Abendspaziergänge nach den Terminen am 6. August in Hiroshima und am 10. August in Nagasaki – (eigentlich schon ein Tag nach dem Fastenbrechen)-, hatten für mich meditativen Charakter. In der Gruppe würde mir es einfacher fallen, einen Rhythmus für innere Einkehr zu finden.
Beim Fastenbrechen war es schwierig frisches Obst zu bekommen. In einem Laden entdeckte ich einzeln eingepackte Bananen. So begann ich das zu essen, was angeboten wurde.
Für eine Skype-Konferenz mit den französischen Fastenden hatte ich mir extra einen Wecker auf 3:00 Uhr nachts gestellt. Es war schön den vollen Raum zu sehen und zu wissen, du bist nicht allein.
Auf die Ankündigung des Fastens haben die deutschen Medien nicht reagiert, die japanischen habe ich nicht informiert. Das wäre sinnvoll gewesen meinte im Nachhinein ein Konferenzteilnehmer. Da merke ich, dass ich mich mit dieser Aktionsform nicht aufspielen will, sondern sie für mich ein starker Teil einer inneren Übung ist.



2. Wie habe ich das Land und die Leute erlebt?



Ich war froh, dass ich nicht nur auf politischen Treffen war, sondern auch etwas Einblick in die japanische Gesellschaft bekommen habe. 
Ich habe zunächst nicht verstanden, warum es so schwierig ist für vier Tage einen Homestay zu bekommen. Aber wie ich es jetzt erlebt habe, übernehmen die Japaner mit einem Gast auch große Verantwortung. Der Gast muss begleitet und unterstützt werden. Auch wenn ich es zwischen zeitlich gelernt hatte, alleine mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, bekam ich Begleitung, auch wenn ich schon morgens um 6:00 Uhr aus dem Haus muss. Die Menschen wohnen nach meinen Vorstellungen sehr beengt. Ich habe zweimal ein Zimmer bekommen in dem gerade niemand aus der Familie schläft, einmal im Wohnzimmer geschlafen und einmal war ich im gleichen Wohnblock untergebracht, in einem Schulraum, in dem die Gastgeberin für Kinder Englisch Unterricht gibt.
Bei den Tagungen wurde ich jeweils begrüßt und zu meinem Platz geführt. Immer verbunden mit den Höflichkeitsverbeugungen. Vom Mayors for Peace Büro zum Büro von Green Legacy wurde für mich ein Taxi bestellt und ich wurde zusätzlich begleitet. Zum Termin am Rathaus in Hiroshima wurde ich ins Mayors for Peace Büro gebeten und von dort begleitet, dass ich nicht alleine an einen unbekannten Ort muss. So war ich froh zwischenzeitlich in einem Hotel zu schlafen und selbständig unterwegs zu sein, auch wenn das eine Herausforderung ist, da fast kein Englisch gesprochen wird und nur selten etwas in Englisch angeschrieben steht.
Als ich aus dem Flugzeug stieg fühlte ich mich als ob ich ein Tropenhaus betrete, eine schwüle heiße Wand. Dieser Wechsel war ständig da. Dort wo es keine Klimaanlage gab, kühlte ein Ventilator. Ich lernte mir ein feuchtes Tuch in den Nacken zu legen. So kam ich mit der Hitze zurecht. Den Regenschirm hatte ich zu Hause gelassen, als Sonnenschirm hätte er mir seine Dienste tun können.
Ansonsten fiel mir die Sauberkeit auf. Nirgendwo liegt Dreck herum, Abfall nimmt man mit bis es eine Sortierstelle für die verschiedenen Abfallarten gibt. Immer stehen mehrere Behältnisse neben einander.
Die Bus- und Taxifahrer, Polizisten und Museumswärter tragen Uniformen und diese in der Regel mit weißen Handschuhe. Ständig wird geredet, sich verbeugt und der Weg gewiesen. Selbst die Automaten und Rolltreppen sprechen mit einem und bitten Aufmerksamkeit für Sicherheitshinweise.
Beindruckt hat mich, dass ganz Japan tagsüber voll ist vom Zirpen der Zikaden, die gegen Abend verstummen. Dann singen, wo Bäume sind, die Vögel.
Um die Jahrestage der Atombombenabwürfe war das Fernsehen voll mit Interviews mit Hibkushas, Bildern und einem Spielfilm über den Atombombenabwurf. Mir wurde dies fast zu viel. Aber durch den Spielfilm bekam ich ein anderes Verhältnis zu den historischen Straßenbahnen die durch Hiroshima und Nagasaki rattern. Die Hauptrolle spielte eine junge Straßenbahnschaffnerin. Wenn ich danach durch die pulsierende Stadt fuhr, erinnere ich mich daran, dass keines der Gebäude älter als 70 Jahre ist.

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