Zweieinhalb Wochen war ich in Japan. Acht Tage davon habe ich gefastet. In Hiroshima und Nagasaki war ich an den Erinnerungsfeiern dabei. Ich habe ein drei Konferenzen teilgenommen, fünf offizielle Gesprächstermine wahrgenommen und zahlreiche persönliche Begegnungen gehabt. Übernachtet habe ich bei vier Familien, in einer Jugendherberge und zwei Hotels. Eine volle und erlebnisreiche Zeit.
1. Wie ging es mir mit dem Fasten?
Vor drei Jahren habe ich begonnen mich an Fastenaktionen zu
beteiligen. Bei der ersten war ich in Paris. Dort fastet eine Gruppe von
zwischen 50 und 100 Leuten. Man übernachtet in einer Sporthalle und macht am
Vormittag gemeinsam eine Mahnwache. An den Nachmittagen geht ein Teil der
Gruppen einen Ort, z.B. das Verteidigungsministerium um dort eine direkte
Aktion zu machen. Letztes Jahr begann ich mit Matthias Konstanz zu fasten und beendete
mein Fasten allein zu Hause in Schwäbisch Gmünd. Dieses Jahr war ich allein und
dazu unterwegs in Japan.
Ich hatte befürchtet, dass die Hitze und das Schwüle mir
mehr beim Fasten zusetzen und ich auf meinen Kreislauf mehr achten muss, das
war überraschenderweise nicht der Fall.
Mir fällt es schwer zu sagen, ich faste. In Frankreich
sollte man sich eine Plakette anheften „Je jeune“ – „Ich faste“. Ich habe sie
nicht getragen. In Konstanz hatten wir ein Transparent. Dabei zu sitzen oder
auch im Zelt beim Münster zu schlafen hat mir nichts ausgemacht. Dieses Jahr fiel es mir ziemlich leicht auf das Essen zu verzichten, obwohl ich die
japanische Küche, soweit sie mir als Vegetarier zugänglich ist, sehr
schmackhaft fand. Nur einzelne Zubereitungen lies ich stehen. Vom Fasten
erfahren haben meistens nur die Gastgeber, die mich nicht zu einem Essen
einladen konnten. Einmal wurde ich in einem Workshop aufgefordert es zu sagen.
Ich bekam von der Gruppe dafür Applaus.
Eine meditative Gestaltung habe ich nicht hinbekommen.
Jedoch vor allem die Abendspaziergänge nach den Terminen am 6. August in
Hiroshima und am 10. August in Nagasaki – (eigentlich schon ein Tag nach dem
Fastenbrechen)-, hatten für mich meditativen Charakter. In der Gruppe würde mir
es einfacher fallen, einen Rhythmus für innere Einkehr zu finden.
Beim Fastenbrechen war es schwierig frisches Obst zu
bekommen. In einem Laden entdeckte ich einzeln eingepackte Bananen. So begann ich
das zu essen, was angeboten wurde.
Für eine Skype-Konferenz mit den französischen Fastenden
hatte ich mir extra einen Wecker auf 3:00 Uhr nachts gestellt. Es war schön den
vollen Raum zu sehen und zu wissen, du bist nicht allein.
Auf die Ankündigung des Fastens haben die deutschen Medien
nicht reagiert, die japanischen habe ich nicht informiert. Das wäre sinnvoll
gewesen meinte im Nachhinein ein Konferenzteilnehmer. Da merke ich, dass ich
mich mit dieser Aktionsform nicht aufspielen will, sondern sie für mich ein
starker Teil einer inneren Übung ist.
2. Wie habe ich das Land und die Leute erlebt?
Ich war froh, dass ich nicht nur auf politischen Treffen
war, sondern auch etwas Einblick in die japanische Gesellschaft bekommen habe.
Ich
habe zunächst nicht verstanden, warum es so schwierig ist für vier Tage einen
Homestay zu bekommen. Aber wie ich es jetzt erlebt habe, übernehmen die Japaner
mit einem Gast auch große Verantwortung. Der Gast muss begleitet und unterstützt
werden. Auch wenn ich es zwischen zeitlich gelernt hatte, alleine mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, bekam ich Begleitung, auch wenn ich
schon morgens um 6:00 Uhr aus dem Haus muss. Die Menschen wohnen nach meinen
Vorstellungen sehr beengt. Ich habe zweimal ein Zimmer bekommen in dem gerade
niemand aus der Familie schläft, einmal im Wohnzimmer geschlafen und einmal war
ich im gleichen Wohnblock untergebracht, in einem Schulraum, in dem die
Gastgeberin für Kinder Englisch Unterricht gibt.
Bei den Tagungen wurde ich jeweils begrüßt und zu meinem
Platz geführt. Immer verbunden mit den Höflichkeitsverbeugungen. Vom Mayors for
Peace Büro zum Büro von Green Legacy wurde für mich ein Taxi bestellt und ich
wurde zusätzlich begleitet. Zum Termin am Rathaus in Hiroshima wurde ich ins
Mayors for Peace Büro gebeten und von dort begleitet, dass ich nicht alleine an
einen unbekannten Ort muss. So war ich froh zwischenzeitlich in einem Hotel zu
schlafen und selbständig unterwegs zu sein, auch wenn das eine Herausforderung
ist, da fast kein Englisch gesprochen wird und nur selten etwas in Englisch
angeschrieben steht.
Als ich aus dem Flugzeug stieg fühlte ich mich als ob ich
ein Tropenhaus betrete, eine schwüle heiße Wand. Dieser Wechsel war ständig da.
Dort wo es keine Klimaanlage gab, kühlte ein Ventilator. Ich lernte mir ein
feuchtes Tuch in den Nacken zu legen. So kam ich mit der Hitze zurecht. Den
Regenschirm hatte ich zu Hause gelassen, als Sonnenschirm hätte er mir seine
Dienste tun können.
Ansonsten fiel mir die Sauberkeit auf. Nirgendwo liegt Dreck
herum, Abfall nimmt man mit bis es eine Sortierstelle für die verschiedenen
Abfallarten gibt. Immer stehen mehrere Behältnisse neben einander.
Die Bus- und Taxifahrer, Polizisten und Museumswärter tragen
Uniformen und diese in der Regel mit weißen Handschuhe. Ständig wird geredet,
sich verbeugt und der Weg gewiesen. Selbst die Automaten und Rolltreppen sprechen
mit einem und bitten Aufmerksamkeit für Sicherheitshinweise.
Beindruckt hat mich, dass ganz Japan tagsüber voll ist vom
Zirpen der Zikaden, die gegen Abend verstummen. Dann singen, wo Bäume sind, die
Vögel.
Um die Jahrestage der Atombombenabwürfe war das Fernsehen
voll mit Interviews mit Hibkushas, Bildern und einem Spielfilm über den
Atombombenabwurf. Mir wurde dies fast zu viel. Aber durch den Spielfilm bekam
ich ein anderes Verhältnis zu den historischen Straßenbahnen die durch
Hiroshima und Nagasaki rattern. Die Hauptrolle spielte eine junge
Straßenbahnschaffnerin. Wenn ich danach durch die pulsierende Stadt fuhr,
erinnere ich mich daran, dass keines der Gebäude älter als 70 Jahre ist.
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